Was macht Demeter-Brot so besonders? Welche Zutaten dürfen überhaupt ins Demeter-Brot? Und wie unterscheidet sich der Alltag in der Backstube von dem in der industriellen Backwarenherstellung? Das erklärt Yvonne Neumann von der Bäckerei Weichardt in Berlin-Wilmersdorf.
Als überzeugte Demeter-Bäckerin beginnt für Yvonne der Weg zum guten Brot nicht erst in der Backstube, sondern im Boden, auf dem Acker und beim Getreide. Und das kommt nicht von irgendwem: Für Demeter-Bäcker:innen sind langjährige und enge Beziehungen zu den Landwirt:innen wichtig. Oft kennen sie die Felder selbst. Auch Yvonne weiß genau, woher ihr Getreide, das als ganzes Korn bei Weichardts selbst von drei Natursteinmühlen gemahlen und dann verarbeitet wird, herkommt: vom Demeterhof „Kuhhorst“, etwa 60 Kilometer entfernt. „In der Backstube ist alles Handarbeit. Dadurch, dass wir jeden Teig und seine Bedürfnisse immer im Blick haben und unser Müller das Getreide nach unseren Wünschen vermahlt, können wir auch mal einen Weizen, Dinkel oder Roggen verarbeiten, mit dem andere Bäcker vielleicht nicht backen mögen“, erklärt Yvonne. Vollkornmehl, Wasser und Salz werden von den Bäcker:innen mit einem Triebmittel versetzt. Die Bäckerei Weichardt nutzt Backferment, das aus Kichererbsenmehl, Weizenschrot und Honig besteht und zu einer milchsauren Vergärung führt. Im Gegensatz zum Sauerteig, der mit Essigsäure arbeitet, ist die Säure des Backferments milder und bekömmlicher. Viel mehr braucht es nicht zu einem guten Brot. Aromen, chemische Treiber oder Farbstoffe kommen selbstverständlich nicht in den Teig.
Neben dem Getreide ist die wichtigste Zutat Zeit. So ein Brot braucht schon mal 15 Stunden, bis es fertig gebacken ist und ins Ladenregal kommt. „Industrielle Bäckereien kürzen die Prozesse ab oder arbeiten mit Maschinen – doch das merkt man im Geschmack und bei der Konsistenz. Wir Demeter-Bäcker:innen üben uns in Geduld und gehen in Beziehung zum Teig, denn der verhält sich nicht immer gleich: Außen-, Raum- und Wassertemperatur beeinflussen das Gärverhalten des Teigs und dieser entwickelt dadurch unterschiedliche Bedürfnisse. Der eine braucht also ein bisschen mehr Feuchtigkeit, der andere mehr Mehl und der nächste einfach ein bisschen mehr Ruhe oder Backzeit. Was sie gemeinsam haben: Sie mögen es warm und wohlig“, erklärt Yvonne. So viel Aufmerksamkeit verlangt natürlich auch nach viel Betreuungspersonal. Wissen und Können sind bei der vielen Handarbeit unersetzlich, genauso wie die Leidenschaft für den Beruf. „Wenn du den Teig knetest, gibst du ihm deine Energie und Liebe“, betont Yvonne, „und die geht dann auch über die Ladentheke!“
Yvonne Neumann hat 2008 den Familienbetrieb Bäckerei Weichardt von ihren Eltern übernommen und führt seitdem mit viel Herz und Hingabe die Bäckerei, zwei Ladengeschäfte und den Hofladen samt Café. Ab vier Uhr steht sie in der Backstube – am liebsten aber immer dort, wo es auch dem Teig am besten gefällt: da, wo es warm und wohlig ist.