Viele junge Menschen, die eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert haben, träumen vom eigenen Öko-Hof. Doch dieser Traum vom eigenen Betrieb ist zunehmend schwierig zu verwirklichen – denn Land und Boden sind längst zum Spekulationsobjekt von Finanzinvestoren geworden, die nur ein Interesse haben: dass der Bodenpreis steigt. Und das tut er.
Selbst wenn junge Landwirtinnen und Landwirte es schaffen, eine Bank von einem Kredit zur Betriebsgründung zu überzeugen, bleibt meist unmöglich, diesen zu Lebzeiten abzubezahlen. Das liegt daran, dass landwirtschaftliche Betriebe gemessen am Umsatz sehr kapitalintensiv sind. Aber mehr und mehr liegt es vor allem an den hohen Preisen für den Kauf und die Pacht von Land, die in den letzten Jahren explodiert sind. Der Boden – unser aller Lebensgrundlage – ist zum Spekulationsobjekt geworden. Vor allem im Osten Deutschlands kann man diese Entwicklung wie im Brennglas beobachten: Finanzinvestoren, die nicht aus der Landwirtschaft kommen, kaufen in großem Stil Land – etwa mit Anteilen anonymer Agrargesellschaften – und lassen es bewirtschaften. Für sie zählt nur eines: die Rendite durch steigende Bodenpreise.
Diese Preisspirale führt nicht nur dazu, dass junge, motivierte Landwirt*innen kein Land bekommen, das sie bewirtschaften können. Auch ansässige Familienbetriebe, die Land pachten oder kaufen wollen, können oft beim Bieten nicht mehr mithalten. Das beeinflusst die kleinbäuerlichen Strukturen: Viele kleine Höfe geben auf – und die großen Betriebe haben mehr Land denn je. Je teurer das Land wird, desto schneller schreitet diese Entwicklung voran. Und wer viel hat, dem wird gegeben: Der Großteil der EU-Subventionen in der Landwirtschaft fließt noch immer – da an die Fläche gebunden – an die größten Betriebe.
Fruchtbarer Boden ist eine weltweit begrenzte Ressource, und die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten steigt. Das liegt einerseits an der wachsenden Weltbevölkerung, andererseits an der steigenden Nachfrage nach tierischen Produkten und nach Energie. Die wächst auf dem Acker nach, aber meist nicht nachhaltig, und wird aus Mais und Raps gewonnen.
Wie kann man die Bodenpreis-Explosion stoppen? Demeter-Vorstand Alexander Gerber sieht hier die Bundesregierung in der Pflicht. Sie muss einerseits sogenannte „Share Deals“ einschränken, bei denen Finanzinvestoren sich durch Anteilskäufe mehrheitlich in große Agrargenossenschaften einkaufen und so zu Spekulationszwecken unter Umgehung der Verkaufspflicht an Landwirt*innen an Land kommen. Dabei beteiligt sich die Bundesregierung selbst an dieser Entwicklung, indem sie als Verkäuferin ihrer Agrarflächen diese an den Meistbietenden verkauft. Das sind meist finanzstarke Agrarkonzerne. Ein weiterer Hebel ist die fehlgeleitete Förderpolitik: „Heute ist es so, dass Eigentum belohnt wird: Geld bekommen nicht diejenigen, die die Fläche beackern, sondern diejenigen, die sie besitzen. So erhalten nach Berechnungen des Bundes für Umwelt und Naturschutz wenige sehr große Agrar-Holdings in Deutschland ein Drittel der gesamten Direktzahlungen. Diese Förderpolitik führt dazu, dass die Flächen immer mehr an Wert gewinnen und zum Spekulationsobjekt von Eigentümern, Investoren und Anlegern werden. Deswegen fordern wir eine Neuausrichtung der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP): Geld sollen in Zukunft diejenigen erhalten, die das Land umweltgerecht und nachhaltig beackern!“, so der Demeter-Vorstand. Wenn also Agrar-Fördergelder an gesellschaftliche Leistungen wie Schutz von Klima und biologischer Vielfalt, Tierwohl oder den Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten gebunden wären, wie sie etwa der Öko-Landbau heute bereits lebt, dann wäre der Spekulation auf steigende Preise für Acker- und Weideland im besten Sinne des Wortes der Boden entzogen.
Kaufpreis für 1 Hektar landwirtschaftliches Grundstück im Bundesdurchschnitt:
2008: rund 10.000 Euro
vs. 2018: 25.485 Euro
Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis)
Die kleinen Höfe sterben aus: 1950 existierten allein in Westdeutschland noch 1,65 Millionen Bauernhöfe.
2019 waren es in ganz Deutschland nur noch rund 266.000.
Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis)
Der Begriff wird in Deutschland oft im Zusammenhang mit dem Kauf und der langfristigen Pacht großer Agrarflächen durch Großinvestoren verwendet, die den Boden nicht selbst beackern, sondern darauf spekulieren, dass sein Wert steigt. In diesem Zusammenhang wird vor allem auch die mangelnde Transparenz solcher Anteilskäufe kritisiert – etwa die sogenannten „Share Deals“, bei denen Investoren (Mehrheits-)Anteile großer Agrargenossenschaften erwerben.
Mut machen Initiativen wie die BioBoden-Genossenschaft, die Kulturland-Genossenschaft sowie Regionalwert-AGs, die als Gegenbewegung vielerorts gegründet werden und dem Markt Land als Spekulationsobjekt entziehen. Auch Initiativen junger Bäuerinnen und Bauern wie das „Bündnis junge Landwirtschaft“ setzen sich gegen Landgrabbing ein. Sie unterstützen sich gegenseitig, organisieren Hofbörsen und kämpfen um Land, damit sich für engagierte, idealistische (Öko-)Bäuerinnen und Bauern der Traum vom eigenen Betrieb erfüllen kann.