Biobetriebe setzen auf Kreislaufwirtschaft

Die neue Düngeverordnung ist auf Bundesebene beschlossen. Von der Form der Umsetzung in den Bundesländern hängt jetzt ganz wesentlich ab, ob die biologisch und biodynamisch wirtschaftenden Höfe in der landwirtschaftlichen Praxis mit der neuen Verordnung erfolgreich arbeiten können. Notwendig wurde eine Neufassung des Düngerechts, da die Bundesrepublik mit der bisherigen Gesetzgebung die EU-Nitratgrenzwerte nicht eingehalten hat und von der EU-Kommission daher verklagt wurde.

Die vorliegende Verordnung ist ein politischer Kompromiss – ob sie wirklich zu einer deutlichen Nitrat-Reduktion führen wird, wird von vielen Experten angezweifelt.

Eine Reihe von Maßnahmen, die seit vielen Jahren im ökologischen Landbau praktiziert werden, wäre wesentlich geeigneter, um den Nitrateintrag in das Grundwasser deutlich zu reduzieren. Dazu gehören die flächengebundene Tierhaltung und die verpflichtende Verwendung von Futtermittel-Anteilen aus dem eigenen Betrieb oder der Region. Global betrachtet werden Nährstoffe wie Nitrat und Phosphat durch massive Futtermittelimporte in die EU importiert. Dadurch wird eine nicht-flächengebundene Viehhaltung möglich, die in vielen Regionen Europas zu Überdüngung mit Gülle führt. In den Ländern, aus denen Futtermittel exportiert werden, werden hingegen die Nährstoffe ausgelaugt.

Demeter-Bäuerin Christine Haberlach beobachtet:

„Ich muss mit 35 Kühen überlegen, wie ich den wenigen Mist effektiv einsetze, um meine hundert Hektar Land zu düngen. Von Überdüngung kann da keine Rede sein. Das ist eine ganz andere Situation als bei den konventionellen Höfen, die oft wesentlich mehr Tiere pro Hektar halten und zusätzlich noch Kunstdünger einsetzen.“

Zu beachten sind folgende Punkte, um der besonderen Situation des Ökolandbaus bei der Umsetzung der Düngeverordnung gerecht zu werden:

Kennzahlen für den Ökolandbau

Kennzahlen für den Ökolandbau

Die Kennzahlen für durchschnittliche Erträge und Nährstoffabschläge stammen aus der konventionellen Landwirtschaft und haben ihre Grundlage in der klassischen Pflanzenernährungslehre. Der Ökologische Landbau hat durch intensive Forschung seit den 80er Jahren die Pflanzenernährung um wesentliche Aspekte der Nährstoffmobilisierung, der Ernährung der Pflanzen aus den Bodenstoffwechselprozessen und der langfristigen Freisetzung von Nährstoffen aus organischer Bodensubstanz erweitert und ergänzt. Daraus ergibt sich ein geänderter Düngeansatz, insbesondere was die Nachlieferung aus dem Boden betrifft. Auch Abschläge für Leguminosen in der Stoffstrombilanz als auch deren Fixierungsleistungen werden sehr unterschiedlich in der Berechnung angesetzt. Bei der vorgeschriebenen Düngebedarfsermittlung auf Grundlage der Kennzahlen für den konventionellen Landbau ergeben sich daher zu hohe Werte für den ökologischen Landbau, die nach guter fachlicher Praxis so nie gedüngt werden müssen.

Unser Vorschlag: Die Kennzahlen müssen dringend angepasst werden für den ökologischen Landbau. Dies betrifft insbesondere Abschläge und Fixierleistung von Leguminosen und die Nachlieferung an Nährstoffen aus dem Boden. Gute Anhaltspunkte bilden hier die KTBL-Faustzahlen für den ökologischen Landbau.

Düngebedarfsermittlung

Düngebedarfsermittlung

Wie bereits bei den Kennzahlen beschrieben, fehlen bei der Düngebedarfsermittlung (DBE) nicht nur die Berechnungsdaten für den Ökolandbau, sondern es werden die Grundlagen der Pflanzenernährung im Ökolandbau nicht berücksichtigt. Damit kann das Ergebnis dieser Berechnung weder für den Betrieb noch für die Beratung des Betriebes handlungsorientierte Ergebnisse liefern. Der Aufwand für das Erstellen der DBE ist gerade für sehr vielfältige Gärtnereien mit bis zu 30-50 Kulturen kaum zu bewerkstelligen. Dies führt dazu, dass gärtnerische Betriebe ihre Anzahl an Kulturen reduzieren müssen und nur die Betriebe mit zwei bis drei  Kulturen im satzweisen großflächigen Anbau den Aufwand bewältigen können, was wiederum ein Verlust an – eigentlich im Ökolandbau angestrebter – Vielfalt ist. Trotz Erleichterungen des Zusammenschlusses von kleineren Flächen auf bis zu 2 ha im Gemüsebau, bleibt den kleineren direktvermarktenden Gärtnereien noch ein sehr hoher Aufwand, der zusätzlich vollkommen unverhältnismäßig erscheint, da die errechneten Ergebnisse aufgrund des zu hohen Düngebedarfs keine Relevanz für den ökologischen Landbau haben.

Unser Vorschlag: Neben der Anpassung der Kennzahlen muss es Möglichkeiten geben, von der Pflicht zur Düngebedarfsermittlung befreit zu werden. Bei vielen Öko-Betrieben kann man anhand ihrer Nährstoffbilanzen nachrechnen, dass ihr N- und P2O5-Saldo ausgeglichen ist oder sich sogar leicht im Minus befindet. Es muss möglich sein, auf dieser Basis Betriebe von der Düngebedarfsermittlung laut neuer Dünge-VO auszunehmen. Erst wenn die Nährstoffbilanz positiv wird, sollten solche Betriebe eine Düngebedarfsermittlung vornehmen müssen. Nährstoffe sind im ökologischen Landbau ein knappes Gut und können daher so gut wie nie im Überfluss gedüngt werden. Wir sehen hier keine Gefahr, dass solch eine Regelung durch Betriebe ausgenutzt werden würde.

Sperrfristen anpassen

Sperrfristen anpassen

Gerade im Biobetrieb ist der Blick in den Boden und der schonende Umgang mit dem Boden das zentrale Anliegen – ein gesunder Boden die Basis für einen ökonomisch gesunden Betrieb. Häufig wird in ökologischen Betrieben mit Festmist und Kompost gearbeitet, die besonders langsam in den Boden infiltrieren und daher nur geringe Gefahr der Auswaschung bieten. Die Ausbringung richtet sich vor allem nach der Befahrbarkeit der Böden. Eine Sperrfrist ist hier keine sachgerechte Lösung, da der Zeitpunkt der Ausbringung witterungsabhängig ist. Eine Sperrfrist ist zusätzlich keine Maßnahme, die wirksam Nitratanreicherung im Grundwasser eindämmt, da diese nicht maßgeblich durch Festmist- oder Kompostsysteme verursacht wird.

Unser Vorschlag: Eine Sperrfrist müsste an die jeweilige Region und die dortigen Standortverhältnisse angepasst werden und die aktuelle Witterung berücksichtigen.

Bei Herbstdüngung die Folgekultur bedenken

Bei Herbstdüngung die Folgekultur bedenken

Das Ausbringungsverbot von Gülle nach dem 30. September beispielsweise zu Wintergerste betrifft Ökobetriebe besonders hart, da sie die Wintergerste oder auch Winterroggen meist erst nach dem 30. September säen. Dies ist im Ökolandbau gute fachliche Praxis, um den Unkrautdruck gering zu halten. Gerade die Wintergerste benötigt im Herbst aber dringend eine schnell verfügbare Nährstoffgabe. Generell wird durch die mechanische und ackerbauliche Unkrautkontrolle eine flexiblere Anbauplanung erforderlich als auf konventionellen Betrieben, die Unkraut jeweils termingerecht  mit Pestiziden wegspritzen. Starre zeitliche Vorgaben treffen den ökologischen Landbau mit seiner systemimmanenten größeren Abhängigkeit von natürlichen Rhythmen und Wachstumsverläufen daher besonders empfindlich.

Am Beispiel eines geplanten Kleegrasumbruchs wird deutlich, wie problematisch ein Herbstdüngeverbot für den ökologischen Landbau ist: Nach neuer Dünge-VO hat Kleegras im Herbst keinen Düngerbedarf mehr und kann folglich nicht gedüngt werden. Die Herbstdüngung geschieht aber im Ökolandbau immer mit Blick auf die Folgekultur, da die eingesetzten Dünger langfristig pflanzenverfügbar und damit auch kaum auswaschungsgefährdet sind (z.B. werden die Rinder-, Schaf- und Ziegen-, sowie die Pferdefestmiste in der N-Ausnutzung im ersten Jahr mit 25 % des Gesamt-N angegeben). Die Düngegabe kommt daher nicht dem Kleegras zugute, sondern wird bereits mit Blick auf die Folgekultur getätigt. Fällt diese Möglichkeit weg, muss anstatt dem hofeigenen oder regionalen Wirtschaftsdünger schnelllöslicher organische Handelsdünger zugekauft werden, da dieser aufgrund seiner sofortigen Verfügbarkeit im Frühjahr gedüngt werden kann.

Unser Vorschlag: Die Herbstdüngung richtet sich laut der neuen Dünge-VO nach dem Bedarf der jeweils aktuellen Kultur, wird aber im Ökolandbau vielfach bereits für die Folgekultur getätigt. Dieser Umstand muss zukünftig berücksichtigt werden. Ackerbautechnisch ist der 30. September mit Blick auf eine natürliche Unkrautregulierung zu früh und muss nach hinten verschoben werden, um spätere Aussaaten bedarfsgerecht zu versorgen.

Mistkompost, Mischmist berücksichtigen

Mistkompost, Mischmist berücksichtigen

Eine gute Kompostbereitung und Mistrotte ist ein wesentlicher Bestandteil des Ökologischen Landbaus. Häufig werden sogenannte Mistkomposte eingesetzt, die durch die Verkompostierung geringere N-Gehalte aufweisen und wovon der Gesamt-N nicht sofort pflanzenverfügbar ist. Diese werden nach Dünge-VO jedoch wie Mist behandelt, da es die Kategorie verkompostierter Mist mit geringerem N-gehalt nicht gibt. Solch ein Mistkompost muss im Hinblick auf seine langfristige Wirkung und sein Einsatzzeitpunkt jedoch anders Betrachtet werden als schnelllöslicher Dünger.

Auch ist es üblich, sogenannte Mischmiste und Mischkomposte einzusetzen. Ökologische Verbandsbetriebe können nur begrenzt auf organische Handelsdünger zugreifen. Daher  ist es gerade für Sonderkulturbetriebe ohne eigene Tierhaltung erforderlich, auch Wirtschaftsdünger von außen einzuführen – besonders  in Regionen in denen es traditionell kaum noch Tierhaltung gibt. Hühnertrockenkot beispielsweise eignet sich besonders zum Transport für weitere Strecken. Dabei ergibt sich das Problem der Lagerung, da dieser nicht unter Mist von Huf und Klauentieren und auch nicht Kompost fällt, aber oft gemeinsam mit dem hofeigenen Wirtschaftsdünger oder Kompost aufgesetzt wird.

Unser Vorschlag: Dünger müssen nach ihrer Wirkweise (langsam pflanzenverfügbar, schnell pflanzenverfügbar) unterschieden werden und der zulässige Einsatzzeitpunkt muss sich daran ausrichten. Für langsam pflanzenverfügbare Dünger muss beispielsweise eine Herbstdüngung möglich sein.

Es muss Klarheit geschaffen werden, wie ein Mischmist oder Mischkompost betrachtet wird. Sinnvoll wäre hier eine Regelung, in der  der überwiegende Anteil eines solchen Gemisches darüber entscheidet, ob es sich um Mist oder Kompost handelt.

Mehrnährstoffdünger

Mehrnährstoffdünger

Im ökologischen Landbau ist es schwierig, einzelne Nährstoffe unabhängig von anderen Nährstoffen auszubringen, da die meisten zur Verfügung stehenden Dünger Mehrnährstoffdünger sind (Festmist, Kompost, Gülle …). Dadurch, dass nach neuer Dünge-VO sowohl Stickstoff- als auch Phosphorgaben begrenzt werden, können essentielle Dünger nicht immer bedarfsgerecht ausgebracht werden, sobald für einen der beiden Nährstoffe die Grenze erreicht wird. Dies betrifft z.B. auch Kompostgaben zu Körnerleguminosen, bei denen zuallererst Kohlenstoff gedüngt wird. Da aber der Kompost nach seinem Stickstoffgehalt bewertet wird, kann man ihn zu Körnerleguminosen praktisch nicht mehr ausbringen, da diese nach Anhang 4 der Dünge-VO keinen Stickstoffbedarf haben. In vielen Fällen wird die Nichtberücksichtigung von Mehrnährstoffdüngern dazu führen, dass Betriebe ihre eigenen Düngemittel nicht mehr ausbringen können und sich ökologische Handelsdünger mit passenden Nährstoffverhältnissen kaufen müssen. Dadurch wird verhindert, dass ökologische Betriebe in geschlossenen, regionalen Kreisläufen wirtschaften können.

Kompost wird vielfach auch gar nicht zu Düngezwecken, sondern als phytosanitäre Maßnahme z.B. in der Reduzierung von Krankheiten bei Körnerleguminosen, im Kartoffel-, Gemüse- und Dauerkulturanbau eingesetzt. Hier steht die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit im Vordergrund und nicht die Düngung der Pflanze mit Einzelnährstoffen. Durch die neuen Vorgaben der Dünge-VO kann der Einsatz von Kompost zu phytosanitären Zwecken in bestimmten Kulturen und zu bestimmten Zeitpunkten nicht mehr erfolgen.

Unser Vorschlag: Durch die Öko-VO werden die Düngemittel, die im ökologischen Landbau eingesetzt werden können, festgeschrieben (organische, meist Mehrnährstoffdünger). Die Dünge-VO schränkt den Einsatz solcher Düngemittel jedoch maßgeblich ein. Hier widerspricht sich die Öko-Gesetzgebung mit der Dünge-VO, es muss dringend eine Berücksichtigung der Besonderheit von Mehrnährstoffdünger erfolgen. Beispielsweise geschieht Phosphor-Abschwemmung oberflächlich, Stickstoff über das Grundwasser, sodass der Phosphorgehalt im Boden mit höheren Grenzwerten berechnet werden könnte, da er nicht auswaschungsgefährdet ist.

Bodennahe Ausbringung

Bodennahe Ausbringung

Die bodennahe Ausbringungstechnik setzt schwere und teure große Maschinen voraus. Sie ist daher  nicht auf allen Grünlandbetrieben umzusetzen. Insbesondere kleinere Familienbetriebe oder Betriebe mit kleinen Parzellen, Hanglagen und Streuobstwiesen können diese Forderung finanziell oder technisch kaum umsetzen. Solche Betriebe sollten von der Pflicht zur Niederausbringungstechnik befreit werden. Hinzu kommt, dass ökologische Betriebe oft  Festmistsysteme haben und daher dünnflüssige Jauche anfällt, die besser in den Boden infiltriert als dicke, nährstoffreiche Gülle. Auch die in ökologischen Betrieben anfallende Gülle ist dünnflüssiger als konventionelle Gülle aufgrund der Haltungssysteme mit Laufhöfen und geringerem Tierbesatz und wird daher vom Boden mit weniger Ausgasungsverlusten aufgenommen.

Unser Vorschlag: Ausnahmen von der Pflicht zur bodennahen Ausbringung für kleine Parzellen, Hanglagen und Streuobstwiesen sowie das Ausbringen von Jauche anstatt von Gülle.

Zusammenfassung

Der ökologische Landbau ist ein systemorientierter Ansatz, der die Pflanzenernährung und Düngung um wesentliche Aspekte des Bodenstoffwechsels erweitert. Daraus ergeben sich eine Reihe von Bedingungen für den ökologischen Landbau, die in der vorliegenden Dünge-VO nur unzureichend berücksichtigt wurden.  Ertragsniveau, Düngebedarf, der Einsatz von Mehrnährstoffdüngern und der Düngezeitpunkt und -zweck unterscheiden sich vielfach vom konventionellen Anbau. Daraus ergeben sich eine Reihe von Forderungen und Vorschläge für den Umgang mit der Dünge-VO.

Dabei hat der Ökologische Landbau mehrfach bewiesen, dass er durch seine flächengebundene Tierhaltung und Fütterungsanteile vom eigenen Hof oder der Region gewässerschonend wirtschaftet. Wir fordern Sie daher abschließend auf, den ökologischen Landbau in ihrem Bundesland als Agrarumweltprogramm einzustufen, welches in besonderer Weise Gewässer vor Nährstoffeinträgen schützt. Laut §13 (4) der Dünge-VO können Landesregierungen landwirtschaftliche Betriebe, die im Rahmen von Agrarumweltprogrammen teilnehmen, auf Antrag von bestimmten Pflichten der Dünge-VO befreien. Die für den ökologischen Landbau besonders hinderlichen Pflichten haben wir in diesem Schreiben genannt.