Wenn wir mutig wären, würden wir morgen als Erstes einmal zu Hause bleiben. Wir würden ausschlafen. Wir würden uns mit einem heißen Tee ans Fenster stellen und endlich, endlich wieder zu uns kommen. Dieses Leben zwischen Globalisierung und Gletscherschmelze, zwischen Abwrackprämie und Artensterben, zwischen Konsum und Neokolonialismus soll alternativlos sein? Das soll nun immer so weitergehen mit Aufstehen und Pendeln und Herstellen und Wegschmeißen? Leben und Zerstören – muss das wirklich ein und dasselbe sein?
Wenn wir mutig wären, mit unserem Tee, am Fenster und mit klarem Kopf, würden wir dann doch zur Arbeit aufbrechen. Aber dorthin, wo unsere Arbeit dem Menschen, der Erde, dem Leben auch zuträglich ist. In die Krankenhäuser und in die Heime, auf die Äcker und in die Schulen. Die Arbeitsbedingungen dort würden gut sein, da eine Stelle auf einmal durch zwei oder vier Menschen besetzt würde. Statt der Vierzigstundenwoche wäre die Zwanzigstundenwoche Norm. Und wie soll das gehen? Und wer soll das bezahlen? Neue Wege würden wir finden – wenn wir nur mutig wären!
Wenn wir mutig wären, würden wir uns freuen an der frei gewordenen Zeit, in der wir unentgeltlich aktiv sein könnten. In der Nachbarschaft. Auf der Solawi. Beim Kinderlesenachmittag. Bei der Reifenflickstunde im Hinterhof. Und wofür noch ans andere Ende der Welt in den Urlaub jetten, wenn der Alltag zwischen begrünter Stadtautobahn, internationaler Nachbarschaftstafel im Kiez und einem wirklichen Miteinander so viel entspannter und resonanter geworden ist?
Wenn wir mutig wären, würden wir nun nicht anfangen zu lachen und „ja, aber“ zu sagen und infrage zu stellen. Weltfremd? Naiv? Nicht durchsetzbar? Ja, wahrscheinlich. Doch: Wir Menschen sind zum Mond geflogen, weil wir das wollten. Da müsste das bisschen Transformation von Verkehr und Energie, von Landwirtschaft und Ernährung doch zu schaffen sein. Wenn wir nur mutig wären.
„Stell dir vor“ widmet sich einer Utopie zum jeweiligen Heftthema. Einem Gedankenanstoß, der zugespitzt durchspielt, „was wäre, wenn …?“
Samenfeste Sorten schmecken nicht nur anders, sondern sind auch kleine Revolutionärinnen auf dem Gemüseacker, die sich dem System der Saatgutkonzerne entgegenstellen. Boris Voelkel findet: Sie sind die Zukunft!
Es braucht Mut, etwas anders zu machen, als es die meisten tun. Solchen Mut hat die Bio-Bewegung, darunter natürlich auch die Demeter-Gemeinschaft, bewiesen. Mut, etwas zu tun, das anders ist, brauchen wir auch heute.
Annette Glaser und Boris Laufer vom Demeter-Hof Apfeltraum haben mit ihrer Gärtnerei den Schritt in die Solidarische Landwirtschaft gewagt. So können sie nicht nur ihre Ansprüche an ein ideales Wirtschaften und Arbeiten mit der Natur besser verwirklichen, sondern haben auch den Raum, sich den Fragen der Zukunft zu stellen. Etwa, wie sie den Auswirkungen des Klimawandels begegnen.
Inga Günther züchtet das Ökohuhn der Zukunft. Die Ökotierzucht setzt dem Kükentöten eine Alternative entgegen, die aus einer anderen Haltung erwächst – gegenüber Tieren, der Umwelt und dem Menschen.