Den Dreiklang mitdenken: Ei, Henne, Hähnchenfleisch

Warum wir uns die Bruderhähne schmecken lassen sollten

Hahn, Huhn, Ei – die drei gehören zusammen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber im Alltag allzu häufig nicht im Bewusstsein. „Wenn eine vierköpfige Familie etwa zehn Eier in der Woche verbraucht, kann sie mit dem Genuss von zwei Festtags-Bruderhähnen im Jahr eine ausgeglichene Hahn-Henne-Ei-Bilanz ermöglichen“, rechnet die Bruderhahn-Initiative Deutschland (BID) vor.

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Geflügelhof Schubert

Bruderhahn-Initiative Deutschland (BID)

Die BID setzt sich seit 2012 für das Ziel ein, die unethische Praxis der nutzlosen Tötung der Bruderhahn-Küken zu beenden. Stattdessen werden die Hähne in Premiumhaltung zu Nutztieren, deren Fleisch in verarbeiteten Produkten im Naturkostfachhandel angeboten wird. Die Tiere der BID-Partner haben mehr Platz, Auslauf und erhalten Biofutter. Durch die längere Mastdauer von ca. 154 Tagen, bildet sich muskulöseres Fleisch mit viel Geschmack. Weil es besonders fest ist, muss es etwas länger garen als die meisten herkömmlichen Hähnchen. Die BID ist Unterstützer und Partner der Ökologischen Tierzucht gGmbH.

www.bruderhahn.de

Bruderhähne, das sind männliche Küken aus der Legehennenbrüterei, die aufgezogen werden. Bisher leider eher die Ausnahme, weil weltweit fast ausschließlich Hühner gezüchtet werden, die entweder im Akkord Eier legen oder Fleisch ansetzen. Zwei spezielle Zuchtlinien haben nur das Ziel im Blick, möglichst „produktiv“ zu sein. Da sind die männlichen Küken aus der Legehennenbrüterei nutzlos und werden getötet – bis zu 40 Millionen jährlich. Diesem ethisch nicht vertretbaren Umgang mit Lebewesen setzen die Ökologische Tierzucht gGmbH (ÖTZ) und Bruderhahn-Initiative mit immer mehr Unterstützern auf den Bio-Höfen etwas entgegen.

BID und ÖTZ – das sind zwei Initiativen, die Hand in Hand arbeiten: mit der Züchtung des Zweinutzungshuhns, das Tier sein darf und keine Hochleistungsmaschine sein muss und mit der wesensgemäßen Aufzucht ihrer Brüder. Damit wird über rein wirtschaftliche Aspekte hinaus gedacht. Hühner wieder tiergerecht halten, das bedeutet auch natürliche Leistungsgrenzen zu akzeptieren. Scharren und picken auf dem Hühnerhof, Auslauf mit Versteckmöglichkeiten und weniger Tiere auf größerer Fläche haben ihren Preis.

 

Ökologische Tierzucht gGmbH

Die ÖTZ wurde im März 2015 in Kooperation von Bioland und Demeter gegründet mit dem Ziel einer eigenständigen, konzernunabhängigen ökologischen Tierzucht in Bauernhand. Im Fokus: wesensgerechte Züchtung von Legehennen und Zweinutzungshühnern, ohne Einzeltierhaltungen in Käfigen, künstliche Besamung, Präventiveinsatz von Antibiotika, produktivitäts- oder fruchtbarkeitssteigern-der Mittel und Manipulationen an Schnäbeln, Kämmen und Flügeln. Männliche Küken, die bei der Züchtungsarbeit der ÖTZ schlüpfen, sollen aufgezogen werden. Kein gesundes und lebensfähiges Küken soll während der Zuchtarbeit getötet werden. Wer beim Eierkauf auf das ÖTZ-Siegel am Regal achtet und gezielt nachfragt, hilft mit, denn die 1-Cent-Partnerläden haben sich verpflichtet, für jedes gehandelte Bio-Ei einen Cent an die ÖTZ zu überweisen.

www.oekotierzucht.de

Hühnerleben in Würde

Was heute schon aus Überzeugung Realität auf den Demeter-Höfen ist, muss der Konsument über den höheren Eierpreis mittragen. Das gelingt weitgehend – doch jetzt sind die verantwortungsbewussten Genießer gefordert, auch an den Bruderhahn und sein Fleisch zu denken. „Damit es in Zukunft mehr Öko-Hühner und Brudertiere geben kann, müssen ihre Produkte geschätzt und gekauft werden“, betont Pamela Wieckmann von der Bruderhahn-Initiative. „Das verlangt nach einer ganzheitlichen Betrachtung: Eier und Fleisch gehören zusammen.“

Keine neue Idee, denn das Zweinutzungshuhn war lange Zeit selbstverständlich. Ei und Fleisch kamen dabei von ein- und demselben Tier. Dank der ökologischen Tierzucht, die von Bioland und Demeter gegründet wurde, sind die Weichen für das Zweinutzungshuhn bereits gestellt. Ziel ist, dass die Hennen dieser Rassen genügend Eier legen und die Hähne ausreichend Fleisch ansetzen. So ist das Geschlecht nicht ausschlaggebend für den Nutzen und beide werden als Küken aufgezogen. Damit der Landwirt mit den geringeren Leistungen (über)leben kann, ist er auf faire Preise angewiesen.

Derzeit bedeutet die Aufzucht der Bruderhähne für Landwirte nicht nur größeren Aufwand, mehr Futter-Input und langsamere Zunahme – sondern vor allem ein finanzielles Risiko. Damit Ethik und Tier-wohl nicht länger links liegen bleiben, muss auch die wirtschaftliche Bilanz stimmen. „Die Verbraucher entscheiden mit darüber, wie wir mit Hennen und Hähnen umgehen“, unterstreicht auch Inga Günther, Demeter-Geflügelzüchterin und Geschäftsführerin der ÖTZ. „Höchste Zeit also, dass auch das Fleisch der Bruderhähne auf den Tisch kommt.“