Bereits seit den 1980er Jahren versprechen sich Konzerne große Gewinne durch die Möglichkeit, gentechnische Verfahren und damit indirekt auch die damit gewonnenen Pflanzen patentieren zu können. Nachdem die „alte“ Gentechnik in der EU kein Verkaufsschlager wurde, werden nun neue gentechnische Verfahren (NGT) eingesetzt. Doch auch bei den neuen Verfahren bleiben die alten Probleme.
Mit den neuen Gentechnikverfahren wie CRISPR-CAS ist das "Versprechen" verbunden, präziser und unschädlich zu sein. Aber auch die neuen Gentechniken greifen direkt im Genom ein und haben Nebeneffekte, die nicht abzuschätzen sind. Um Umwelt und Gesundheit zu schützen, und um Bäuerinnen und Bauern sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern die Wahlfreiheit zu lassen, müssen die neuen Methoden zur Genveränderung weiter durch das Gentechnikrecht geregelt bleiben. Denn dann müssen zumindest die festgeschriebenen Pflichten zu Risikoprüfung, Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und Rückholbarkeit auch hier eingehalten werden.
Allerdings plant die Europäische Kommission genau hier sehr entscheidende Änderungen: Ihr aktueller Gesetzesvorschlag sieht vor, eine bestimmte Gruppe von „genomisch veränderten“ Pflanzen von den Vorsorge- und Kennzeichnungspflichten des bestehenden Gentechnikrechts auszunehmen. Mit der Begründung, diese Pflanzen seien denen aus konventioneller Züchtung gleichwertig – eine Aussage, die jeglicher wissenschaftlicher Grundlage entbehrt.
Das bestehende Gentechnik-Recht der EU beruht auf dem im EU-Vertrag festgeschriebenen Vorsorgeprinzip: Zum Schutz von Umwelt und Gesundheit müssen mögliche Risiken durch die Verwendung von Gentechnik bei Tieren und Pflanzen streng kontrolliert werden. Zudem soll es Wahlfreiheit für die Bürgerinnen und Bürger sicherstellen. Dies wurde durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs 2018 bestätigt. Auch die Europäische Lebensmittelbehörde bestätigt, dass auch dann eine eingehende Risikobewertung durchgeführt werden muss, wenn keine zusätzlichen Gene eingefügt werden. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) betont, dass auch kleinste Abweichungen im Genom gravierende Auswirkungen haben können: „Auch einzelne Deletionen oder Insertionen, also das Einfügen oder Entfernen einzelner Buchstaben der DNA, können Organismen stark ändern.“
Die EU-Kommission hat im April 2021 mit einem Bericht einen Prozess zur Revision der EU-Gentechnikgesetzgebung begonnen - am 5.7.2023 hat die EU-Kommission den Gesetzesentwurf veröffentlicht – der aus unserer Perspektive unhaltbar ist.
Gentechnik könnte bald auf unseren Tellern landen – und zwar für Verbraucher:innen ganz unbemerkt: ohne Kennzeichnung, Risikoprüfung und Nachweisbarkeit. Demeter appelliert an Bundeskanzler Scholz, Verbraucher:innen wie Bäuer:innen Wahlfreiheit zu sichern, und im EU-Rat eine Aufweichung des Gentechnikgesetzes abzulehnen.
Der heute veröffentlichte Gesetzesentwurf der EU-Kommission zum Einsatz von neuen Gentechnikverfahren (NGT) in der Landwirtschaft ist eine klare Fehlanzeige: Er gefährdet den Verbraucherschutz, die Biodiversität und die nachhaltige Lebensmittelwirtschaft.
Was dem Öko-Landbau schadet und unbekannte Risiken birgt, muss wenigstens gekennzeichnet werden und darf nicht patentierbar sein:
Nein zur Deregulierung Neuer Gentechnik (NGT)!
Die Gentechnik befördert den agrarindustriellen Ansatz, es wird nicht daran gearbeitet, das System zu verbessern – sondern es werden einseitig Pflanzen gentechnisch für bestimmte Eigenschaften „optimiert“, oftmals so, dass sie zusammen mit bestimmten Pestiziden (z.B. die Roundup-Ready-Pflanzen) besser funktionieren. Aber brauchen wir die Gentechnik, um nicht verhungern zu müssen? Wir sagen: Nein. Denn für die Welternährung gibt es keine Patentrezepte.
Im Gegenteil droht, mit einer De-Regulierung von Gentechnikverfahren in der Landwirtschaft, eine Flut an patentierten Pflanzen auf den Markt zu strömen. Für die mittelständische Züchtung und Lebensmittelwirtschaft sowie für bäuerliche Betriebe eine rechtlich unübersichtliche und wirtschaftliche bedrohliche Situation. Deshalb fordern wir: Hände weg von der Deregulierung!
Was es aber gibt, ist eine Vielzahl von Ansätzen für alternative Landwirtschafts- und Ernährungssysteme weltweit. Diese machen Mut, dass die dringend erforderliche Agrarwende gelingen kann. Menschen weltweit setzen sich für eine selbstbestimmte Erzeugung und Nutzung von Saatgut und Nahrungsmitteln, ihre Saatgut- und Ernährungssouveränität, ein. Sie leisten einen Beitrag zu vielfältigen, standortangepassten und krisenrobusten Anbausystemen und Sorten, die ohne Pestizide auskommen und eine klima- und ressourcenschonende Landwirtschaft ermöglichen.
Innovationen gibt es gerade auch im Bio-Bereich – Demeter war der erste Verband, der Richtlinien für eine biologisch-dynamische Pflanzenzüchtung erstellt hat. Der weltweite Dachverband der ökologischen Lebensmittelwirtschaft IFOAM Organics International hat Richtlinien für die Pflanzenzüchtung in seinen Standard aufgenommen und eine Seed Platform gegründet. Mit dem EU-Forschungsprojekt ist die Züchtungsforschung nach ökologischem Standard auch in der „offiziellen“ Forschungslandschaft angekommen.
Hier finden Sie mehr Informationen zum Thema neue Gentechnik sowie zu Alternativen Züchtung- und Forschungsprojekte für eine andere Landwirtschaft.
Fordern Sie den Erhalt von Wahlfreiheit beim Essen von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir: Postkarte für Gentechnikfreiheit
Schreiben Sie eine Postkarte an Bundeskanzler Olaf Scholz: Wir kennen den Unterschied!
Am 18.10. veröffentlichte Jessica Polfjärd, die zuständigen Berichterstatterin des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI), einen Bericht zum NGT (Neue Gentechnik)-Vorschlag. Dieser steht im Wiederspruch mit zwei wesentlichen Forderungen der Biolandwirtschaft:
Wenn die Kategorie 1 Pflanzen nicht mehr als Gentechnik gelten und es keine Kennzeichnung (des Saatguts) mehr gibt, dann ist es auch nicht möglich, den Ökolandbau frei von gentechnisch veränderte Pflanzen der Kategorie 1 zu halten. Denn der Ökolandbau selbst müsste dann dafür Sorge tragen, dass das Saatgut ausgeschlossen wird – das ist technisch unmöglich und wäre obendrein ökonomisch nicht tragbar.
Demeter hat anlässlich der aktuellen Entwicklung das Hintergrundpapier zur neuen Gentechnik überarbeitet und einen Faktencheck zur neuen Gentechnik veröffentlicht.
Vielfalt auf dem Acker, Geschmack auf dem Teller, robuste Pflanzen für Zeiten des Klimawandels, gentechnikfrei & nah an den Höfen die passenden Pflanzen für den Ökolandbau züchten, dafür stehen Bio-Pflanzenzüchter*innen.
Für Züchter biodynamischer Sorten steht Züchtung im Einklang mit natürlichen Abläufen im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Im Demeter-Regelwerk zur Verwendung von Saatgut finden sich die bewusst gewählten Restriktionen.
Biodynamische Züchter*innen arbeiten vor Ort an den biodynamischen Standorten für die Entwicklung ihrer Sorten und vernetzen sich gezielt mit Kolleginnen und Kollegen, um an den gemeinsamen Zielen zu arbeiten. Bereits 1985 gründeten sie den „Initiativkreis für Gemüsesaatgut aus biologisch-dynamischem Anbau“. Im daraus entstandenen Verein Kultursaat e.V. vereinen sich seit mehr als 20 Jahren die Gemüsezüchter*innen. Die Getreidezüchter*innen pflegen intensiv ihre regionalen Strukturen.
Bei Kartoffeln treffen KonsumentInnen bereits Einkaufsentscheidung nach Sorten – und auch bei Äpfeln. Viele sind jedoch überrascht, wenn sie im Naturkostfachhandel die Pastinake Aromata oder den Möhrensaft aus der Rodelika finden. Innovative Bäckersortimente schmücken sich mit deftigen Roggenbroten aus Lichtkornroggen und luftigem Weißbrot aus Goldblumenweizen.
Der heute veröffentlichte Gesetzesentwurf der EU-Kommission zum Einsatz von neuen Gentechnikverfahren (NGT) in der Landwirtschaft ist eine klare Fehlanzeige: Er gefährdet den Verbraucherschutz, die Biodiversität und die nachhaltige Lebensmittelwirtschaft.
Das höchste Gremium des Demeter-Verbandes mit Vertreter:innen aus der gesamten Lebensmittel-Wertschöpfungskette fordert auch für den Einsatz neuer Gentechnik die Beibehaltung klarer Regeln.
Gemeinsame Pressemitteilung von Demeter und Bioland zum Thema „Neue Gentechnik und ihre Auswirkungen auf Ökosysteme“, das beim EU-Umweltrat am Donnerstag auf der Tagesordnung steht.
Können Verbraucher:innen in Zukunft noch erkennen, ob sie eine gentechnisch veränderte Gurke oder eine herkömmlich gezüchtete kaufen? Wenn es nach dem Willen weniger großer Saatgut- und Agrarchemie-Konzerne geht, würde dies bald unmöglich. Damit Verbraucher:innen auch in Zukunft die Wahl haben, hat Demeter gemeinsam mit einem europaweiten Bündnis eine Petition gestartet und ruft dazu auf, diese zu unterstützen: Fordern Sie mit Ihrer Unterschrift die Verantwortlichen in der Politik auf, sich dafür einzusetzen, dass die EU-Gentechnikgesetzgebung auch zukünftig für die neuen Gentechnikverfahren gilt!