Umweltschutz-Label, Bio-Siegel, Tierwohl-Skala oder Nährwert-Ampel: Gar nicht so einfach, beim Einkauf den Überblick zu behalten! Je nach Kennzeichnung können einzelne Lebensmittel unterschiedlich gut abschneiden. Wie viel echte Nachhaltigkeit steckt also dahinter?
Wie kann es sein, dass eine Cola light mit chemischen Süßstoffen über die Einordnung im Nutri-Score eine klarere Kaufempfehlung bekommt als der mit viel größeren Nachhaltigkeits- und Qualitätsansprüchen hergestellte Demeter-Apfelsaft aus 100 Prozent Früchten? Neue Label wie der Eco- oder Nutri-Score sollen in puncto Nachhaltigkeit und Gesundheit Orientierung bieten. Sie sind zwar gut gemeint, doch ihre Bewertungsgrundlage ist begrenzt und berücksichtigt nur ausgewählte Faktoren. „Bei solchen Kennzeichnungs-Systematiken können konventionell erzeugte und hochverarbeitete Lebensmittel mit vielen Zusatzstoffen im Vergleich zu ökologischen besser abschneiden. Dabei ist Bio dank der Pionier-Arbeit der Bio-Verbände in den letzten Jahrzehnten der höchste gesetzliche Standard für Nachhaltigkeit bei Lebensmitteln. Zudem schließt Bio Gentechnik aus und verbietet Pestizide bei der Herstellung sowie viele chemische Zusatzmittel bei der Produktion”, kritisiert Antje Kölling, politische Sprecherin von Demeter, und fordert: „Diese Aspekte müssen in den Systematiken berücksichtigt werden und die Pionierrolle von Bio muss auf den ersten Blick erkennbar sein!”
Mit sechs Ecken oder als grüne EU-Bio-Fahne – das EU-Bio-Recht bildet die Grundlage für die Bio-Siegel in Deutschland und der EU. Auch für Verbandslogos wie „Demeter“, auch wenn deren Anforderungen noch über die EU-Ökoverordnung hinausgehen. Mit einem Bio-Siegel gekennzeichnete Produkte unterliegen strengen Regeln, deren Einhaltung jährlich durch die Öko-Kontrolle überprüft wird. Sie gelten in der gesamten EU und für alle Produkte, die in die EU importiert werden. Und das nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für Verarbeitung und Handel. Bio hat nicht nur hohe Standards in der Tierhaltung. Die strikten Beschränkungen für die Verwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln führen zu einer insgesamt umweltfreundlicheren Produktion. Somit zielt Bio als komplettes System darauf ab, dass sowohl Umwelt als auch Mensch gesund bleiben. Der Aufbau und Erhalt eines gesunden und fruchtbaren Bodens, die Förderung der Artenvielfalt und der Wasser- und Klimaschutz sorgen gemeinsam für eine ganzheitliche, nachhaltige Lebensmittelproduktion.
Doch bislang kennzeichnet das Bio-Siegel nur rund fünf Prozent der Lebensmittel. Daher gibt es Bestrebungen, auch Bewertungen für Produkte zu etablieren, die nicht ökologisch erzeugt wurden. Die Idee: Sie sollen Anreize geben, ökologischer zu produzieren und die negativen Effekte der Lebensmittelproduktion wie beispielsweise die Emission von Treibhausgasen oder die Belastung des Bodens mit Stickstoff durch Überdüngung zu minimieren. Für Antje Kölling ist klar: „Wenn im Lebensmittelbereich ein Umwelt-Label staatlich eingeführt werden sollte, dann muss es die Kaufentscheidung für umweltfreundliche Lebensmittel tatsächlich erleichtern. Es darf aber auf keinen Fall allein auf sogenannten ‚Lebenszyklus-Analysen‘ hinsichtlich der Ressourceneffizienz aufbauen. Denn diese bilden oft nicht die Realität der ökologischen Folgen der Lebensmittelproduktion ab, sondern beleuchten nur einzelne Aspekte. Dadurch besteht die Gefahr, dass sie die wahren ökologischen Folgen des jeweiligen Produkts verzerren und zum Greenwashing-Instrument werden.“ So fließen etwa die besonderen Leistungen der Bio-Erzeuger:innen bei Tierwohl oder dem langfristigen Aufbau von Humus (= Klimaschutz) nicht in die Eco-Score-Bewertung ein, was absurderweise dazu führen kann, dass unter gewissen Umständen ein konventionell erzeugtes Schnitzel aus Massentierhaltung einen besseren Eco-Score erreichen könnte als ein Bio-Schnitzel. „Deshalb sehen wir den sogenannten Eco-Score kritisch“, ist das Fazit von Antje Kölling.
Besser macht es da schon der Planet-Score. Dieser be-trachtet die Lebensmittel differenziert, ergänzt die Lebenszyklus-Analyse durch zusätzliche Indikatoren wie den Einsatz von Pestiziden, die Auswirkung auf die biologische Vielfalt oder den Tierschutz und unterscheidet zwischen verschiedenen Produktkategorien. Ökologisch erzeugte Lebensmittel werden hier im Vergleich deutlich besser bewertet.
„Damit Bio auch zukünftig der höchste Standard in der Lebensmittelproduktion und als solcher erkennbar bleibt, engagieren wir uns zusammen mit anderen Bio-Verbänden zum einen für die Weiterentwicklung des Bio-Rechts und zum anderen für die Berücksichtigung der Leistungen der Bio-Landwirtschaft bei der Entwicklung und Einführung neuer Lebensmittelkennzeichnungen“, erklärt Antje Kölling. Falls ein staatliches Nachhaltigkeitslabel für Lebensmittel eingeführt werden soll, fordert sie eine einheitliche, verbindliche Regelung auf EU-Ebene. Und: „Das Biosiegel muss dann als höchster Standard integriert werden. Denn Bio als Gesamtsystem leistet bereits einen großen Beitrag zum Umweltschutz und der Lebensmittelqualität an allen Punkten der Produktion!“
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