Gespräch auf Orange

Vom echten Leben in schönen Bildern

Susann Probst und Yannic Schon vom Foodblog „Krautkopf“ entwerfen regelmäßig Rezepte für Demeter. Hier geben sie einen Einblick in ihre Arbeit und sprechen darüber, was das echte Leben mit dem in Social Media zu tun hat.

Bildrechte
Selbstportrait von Krautkopf

Seit 2013 bloggt ihr sehr erfolgreich über Lebensmittel, Rezepte und Selbstversorgung auf dem Land. Wie kam es zu eurem gemeinsamen Blog „Krautkopf“?

Susann: Das war eine Schnapsidee! Von Frühling bis Herbst waren wir für Hochzeits-Fotoreportagen in ganz Deutschland unterwegs, doch im Winter hatten wir saisonbedingt weniger Aufträge und verbrachten mehr Zeit zu Hause in Berlin. Für uns beide war Kochen und Essen schon immer eine große Leidenschaft, und so begannen wir, das zu fotografieren, was wir uns selbst kochten und aßen.

Yannic: Unsere Rezepte fanden – für uns ganz unerwartet – viel Resonanz auf Social Media und bald erhielten wir eine Anfrage für unser erstes Kochbuch. Dieses Interesse hat uns darin bestärkt, uns mit Ernährung und Lebensmitteln noch intensiver auseinanderzusetzen. Schon in Berlin haben wir mit Neugier und Freude regionale Produkte auf dem Wochenmarkt eingekauft und auf dem Balkon Kräuter und Tomaten gezogen.

Heute wohnt ihr auf dem Land, in einem Siedlerhaus in Mecklenburg. Warum habt ihr Berlin den Rücken gekehrt?

Susann: Sosehr wir Berlin auch mochten, unser Wunsch nach einem ursprünglichen Leben nah an der Natur war doch immer stärker geworden. Vor vier Jahren haben wir dann unseren Rückzugsort hier in Mecklenburg gefunden – von Feldern umgeben und mit einem Garten voller Kirsch-, Apfel-, Pflaumen- und Birnbäume.

Yannic: Wir sind hier sehr glücklich, doch so romantisch das Landleben für viele Städter klingt: Wir hatten und haben viel Arbeit mit dem Ausbau des Hauses, damit wir hier dauerhaft arbeiten und leben können, aber natürlich auch mit unserem Garten. Der braucht rund ums Jahr viel Zuwendung!

Susann: Das funktioniert nur deswegen für uns so gut, weil wir eine sehr innige Verbindung zwischen Arbeits- und Privatleben haben. So stecken wir viele Stunden Arbeit in unseren Garten, weil wir ihn lieben – ihn gleichzeitig aber auch als lebendiges Fotostudio beruflich nutzen können. Er ist dabei keine bloße Fassade, im Gegenteil!

 

Echtes, authentisches Essen aus ursprünglichen, frischen Produkten sättigt nicht nur, sondern tut uns gut und macht glücklich.

Susann Probst

Wie schafft ihr den Spagat zwischen privatem und öffentlichem Leben – und wie echt ist das, was ihr als Blogger:innen und Influencer:innen zeigt?

Yannic: Wir verstehen uns vor allem als Fotografen, nicht in erster Linie als Blogger und Influencer, auch wenn wir diese Rollen ebenfalls ausüben. Unser Geld verdienen wir mit Fotoproduktionen für unsere Kunden. Wir arbeiten keinen Redaktionsplan ab oder bedienen Trends und Wünsche unserer Leser:innen. Dabei sprechen wir natürlich auch da-rüber, was wir von unserem Leben öffentlich teilen möchten. Wir empfinden es als großes Privileg, dass wir uns beruflich und privat nicht auf Kompromisse einlassen müssen – authentischer geht’s an dieser Stelle nicht. Wir können die Kunden auswählen, die zu uns passen. Es ist ein wunderschönes Gefühl, für die Produkte, die wir selbst in unserem Vorratsschrank haben, Werbefotografie zu erstellen. Das geht uns auch mit Demeter so!

Susann: Natürlich zeigen wir Bilder aus unserer Küche, aus unserem Kochtopf, aus unserem Wohnzimmer und aus unserem Garten. Dennoch haben wir unseren eigenen Lebensalltag miteinander, der privat bleibt. Es geht uns immer darum, zu inspirieren, nicht darum, unser Leben abzubilden.

Andersherum gilt: Worüber wir berichten, das verändert sich auch mit unserer persönlichen Entwicklung. Neue Interessen wie etwa der Baumschnitt, das Bodenleben und Gemüseanbaupläne oder auch eine private Reise – all das inspiriert uns, und wir möchten andere dann daran teilhaben lassen. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: Wir haben geradezu einen inneren Drang, dies alles zu zeigen! Das ist ja der Grund, warum wir beide überhaupt fotografieren: um uns auszudrücken. Fotografieren ist unsere „Sprache“. Was wir in Worten nur schwer ausdrücken könnten, zeigen wir eben in Bildern. Dabei ging es uns nie darum, einen bestimmten Stil zu finden, sondern unserer Intuition zu folgen.

 

Wie habt ihr zu eurer gemeinsamen Bildästhetik gefunden?

Yannic: Jetzt müssen wir doch ein bisschen privat werden, denn wir haben uns über die Fotografie selbst kennengelernt, über eine Online-Fotocommunity, in einer Zeit vor Social Media. Dort haben wir uns über unsere Art, wie wir fotografieren und die Welt sehen, ausgetauscht – mit einer räumlichen Entfernung von 500 Kilometern. Als wir dann begannen, miteinander zu leben und zu arbeiten, haben wir uns in unserer Art, analog und in Schwarz-Weiß zu fotografieren, sehr gut ergänzt. Unsere Wurzeln in der analogen Fotografie sind auch heute noch in unseren Bildern erkennbar, wobei sich unsere Bildästhetik mit unserem Leben weiterentwickelt. Vielem sind wir aber auch treu geblieben, auch heute fotografieren wir nicht mit Blitzlicht, sondern am liebsten mit dem natürlichen Licht vor Ort. Von Anfang an wollten wir Natürlichkeit und Echtheit mit unseren Bildern einfangen – ob im Garten oder etwa bei der Zubereitung von Essen.

 

Natürlichkeit ist uns wichtig – sei es bei unserer Fotografie, in unserem Garten oder bei der Zubereitung von Essen.

 

Yannic Schon

Wie sieht bei euch ein natürlicher und ehrlicher Umgang mit Lebensmitteln aus?

Susann: Wir entwerfen möglichst einfach gehaltene Re­-zepte mit frischem, saisonalem und regionalem Obst und Gemüse. Während wir damals in Berlin noch viel mit exotischen Gewürzen gekocht haben, hat uns der eigene  Anbau hier auf dem Land geschmacklich zu mehr Klarheit und Purheit inspiriert. Unsere Gemüse und Salate sollen in ihrem eigenen Charakter zur Geltung kommen. Neben Salz als Geschmacksverstärker geht es vor allem um die Zubereitungsart, um dem Gemüse eine besondere Note zu geben. Gewürze spielen hingegen eine immer geringere Rolle. Bezeichnenderweise heißt unser neues Kochbuch auch „Erde, Salz & Glut“.

Yannic: Wir verwenden ursprüngliche Produkte und freuen uns, dass wir von Juni bis Oktober sogar von der eigenen Ernte leben können. Bei uns wachsen Tomaten, Gurken, Paprika, Kohl, Sellerie, aber auch Auberginen und Süßkartoffeln – wir probieren alles aus und setzen dabei auf samenfestes Öko-Saatgut.

Susann: Bei vielen alten Sorten merkt man, dass sie nicht allein auf Ertrag gezüchtet wurden, sondern vor allem auf Robustheit und Geschmack. Als Fotografen begeistern uns natürlich auch Sorten, die ästhetisch besonders spannend und ungewöhnlich sind. Bei Grünkohl zum Beispiel bauen wir eine schöne Sorte mit violett schimmernden Blättern an, daneben Radieschen, die nicht aussehen wie aus dem Laden, sondern eher wie längliche, schöne Zapfen. Bei Tomaten haben wir aber auch einige Öko-Neuzüchtungen, gerade weil wir in unserem Klima Pflanzen brauchen, die widerstandsfähig gegenüber der Krautfäule sind.

Habt ihr Tipps, wie all jene diese bunte Vielfalt genießen können, die selbst nicht gärtnern?

Yannic: Kauft regionale und saisonale Bio-Lebensmittel auf dem Wochenmarkt ein und kommt mit den Erzeugern ins Gespräch. Lasst euch Produkte empfehlen! So haben wir selbst viele spannende Gemüse kennengelernt, etwa die Kohlschosse, die ersten Blütentriebe am überwinterten Kohlstrunk.

Susann: Wenn man nicht selbst anbaut, kennt man das Luxusproblem einer Zucchini- oder Tomatenschwemme im Sommer nicht. Wir selbst machen viel Gemüse und Obst zur Erntezeit haltbar. Das lege ich auch all jenen ans Herz, die nicht die Möglichkeit haben, selbst zu ernten. Kauft während der Saison große Mengen auf dem Markt, wenn es gerade viel davon gibt. Deckt euch mit Bio-Erdbeeren, -Tomaten und -Gemüsen ein. Eine bessere Qualität, einen besseren Geschmack gibt es nicht. Legt dann los mit Einkochen, Einlegen, Dörren und Fermentieren. Probiert was aus! Das macht dann auch immer viel Spaß!

 

Krautkopf

In ihrem erfolgreichen und preisgekrönten Blog „Krautkopf“ verbinden Susann Probst (35) und Yannic Schon (39) seit 2013 ihre Leidenschaft fürs Kochen und Fotografieren. In einem kleinen Dorf in Mecklenburg lassen sie sich nun von dem inspirieren, was in ihrem eigenen Gemüsegarten wächst. Nachdem sie sich vor allem durch ihre besonderen Rezeptfotografien einen Namen gemacht haben, widmen sie sich in ihren Bildern zurzeit mehr dem, was sie im eigenen Garten, Gewächshaus und Beet und in der Natur drumherum erleben.


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